Sunday, October 26, 2014

21. Oktober die Schattenseite des Reisens oder Ein Tag in Tahiti

In meiner nächtlichen Email an Beni habe ich geschrieben, dass ich nicht vor 9 abgeholt werden will, weil ich gerne schlafen würde. Das war ein riesen Fehler. Um sechs bin ich hellwach. Überall krähen Hähne, die Nähe des Flughafens ist nicht zu überhören und hinter mir lässt doch tatsächlich jemand um halb sechs die Waschmaschine laufen. Ausserdem schnarchen mind. 3 Männer hier im Akkord. Ich schreibe Beni, dass ich auch jetzt schon geholt werden kann. Immer noch weiss ich nicht, warum ich nicht einfach Taxi fahren kann. 
Auf der Suche nach einer Steckdose im Gemeinschaftsraum entdecke ich nochmal 2 Männer, die hier auf Sofas und reingestellten Betten schlafen. Was ist das hier? 
Die Dusche ist eiskalt, draussen regnet es und ich erwäge ernsthaft mich in den Regen zu stellen. Der ist warm. Hoffentlich meldet sich Beni bald. Ich will hier weg. 

So langsam wachen die Männer alle auf. Ein Ladyboy bringt 1 Baguette, das aussieht als wäre es von gestern und aus allen Löchern tauchen jetzt Menschen auf, setzen sich hin und trinken aus angeschlagenen Tassen Instant-Kaffee mit Milchpulver. Mir ist nicht so ganz klar ob das jetzt das offizielle Frühstück ist und mich ignoriert auch jeder. Endlich meldet sich Beni. Er war heute nacht am Flughafen. Irgendwie scheinen wir uns verpasst zu haben. So ein Sch... Da hätte ich mir das hier alles sparen können. Er ist um 10 am Flughafen, da kann er mich mitnehmen. 2.5h hier... Sicher nicht. Ich rufe ihn vom Telefon der Tochter - ich nenne sie jetzt einfach mal so - an und erkläre ihm, dass ich hier ständig zum Bezahlen aufgefordert werde und gerne wüsste wie das mit meinen Hostelworld Nächten verrechnet wird. Er erklärt mir, dass das damit nichts zu tun hat. Er war am Flughafen und deshalb ist das nicht seine Verantwortung. Ich bin genervt. Die wollen 40€ für die Nacht. Das ist sie absolute Frechheit. Ausser CFP akzeptieren sie nichts. Also laufe ich im Regen zum Flughafen und hole Bargeld. Boah, am liebsten würde ich um 7:20 mit der Maschine gleich weiterfliegen nach Sydney, so genervt bin ich.

Ich zahle und jetzt sind alle viel freundlicher, bieten mir Kaffee und Baguette an. Die Kaffeedose steht vor Dreck und der Deckel klebt fest. Ich verzichte dankend und verabschiede mich. 
Mit dem Taxi fahre ich ins andere Hostel, das schweizerisch sauber und angenehm ist. Das hätte ich letzte Nacht schon haben können, wenn ich mich nicht mit Beni verpasst hätte bzw. wenn ich einfach ein Taxi hierher genommen hätte. Es hat ein Soga auf der Terrasse, da hätte ich sicher besser geschlafen. Zu spät und ärgern brauche ich mich jetzt auch nicht mehr. 
Beni stellt sich als 36-Jähriger Schweizer aus Schaffhausen heraus und meine Laune bessert sich, zumindest kurz. 
Ich hatte am Flughafen nach Preisen für Mietautos gefragt, aber unter 100 Euro war nichts zu bekommen. :( Jetzt will ich mit einem öffentlichen Bus an einen schönen Strand, aber Beni bremst mich. Es regnet und soll auch den ganzen Tag nicht aufhören. Ausserdem ist der Strand weit weg. Er rät mir ab und meint, heute ist das einzig sinnvolle, zu Hause zu bleiben oder in der Stadt shoppen zu gehen. 
Beides will ich nicht an meinem einzigen Tag hier. Aber mir bleibt wohl nichts anderes übrig als zumindest mal die Stadt zu erkunden. Mit einem Bündel Dreckwäsche mache ich mich auf den Weg. Schon nach 2 min schwitze ich wie ein Schwein. Im Moment regnet es nicht, aber die Luftfeuchtigkeit ist bei gefühlten 100%. Immer wieder fällt Regen vom Himmel wie aus einer Regenwalddusche, warm, leicht und angenehm.

Und an jeder Ecke stehen Männer und machen Musik, ohne Sammelhut, einfach nur so. Das hebt die Laune. Ich bin versucht mir eine solche Insel-Gitarre zu kaufen und mitzumachen.



Nachdem ich meine Wäsche los bin, erkunde ich den Markt. 
Das ist mal ein richtiger, ohne grosse Restaurants, aber auch mit viel Ramsch. Und hier ist es noch schlimmer mit den aus China importierten, in Plastik verpackten Geschenken. 
Überall gibt es die Tahiti Perle. Das ist hier wohl das einzig akzeptable Geschenk. Ich surfe durch die Shops, lasse mir die Reinheitsgrade erklären, finde ein paar wirklich schöne Sachen, handgemacht, direkt im Laden, aber die haben auch ihren Preis. Billig ist Papeete nicht. Ich muss noch üerlegen. 

Auf der Strasse gibt es unter einem kleinen Zelt eine traditionelle Show für die Kreuzfahrt-Touristen, die heute hier Halt machen. Da kann man ja ein wenig mitlinsen. :)


Was ansonsten wirklich auffällt, ist, dass hier fast jede Frau die Tahiti-Blume hinter dem Ohr hat. Manche sind echt, manche Plastik, schön sind sie alle. 


Und es laufen auch sehr viele in den traditionellen bunten Kleidern rum. Leider hört der Regen bis zum späten Nachmittag nicht auf. Und als er endlich aufhört, ich meine Wäsche abgeholt habe, noch in ein paar Vermietungen nach einem Scooter gefragt habe, bekomme ich in der Touri info die vernichtende Information, dass nachmittags der letzte Bus um 3:30 zurück Richtung Papeete fährt und ich ohne Auto sicher an keinen Strand mehr komme. Ich gebe auf. Das ist wirklich ein Tag zum Shoppen und Zu Hause sein. 




Ich bleibe also auf der Terrasse sitzen. Noch mehr Kaffee kann ich in der Stadt nicht trinken, meine Geschenke habe ich gekauft, die Postkarten sind geschrieben und an den Strand komme ich nicht. 

Nur am Abend gehe ich nochmal runter in die Stadt. Am Hafen gibt es jeden Abend eine Menge Essens-Wägen mit angeblich besten Sachen. Und das ist wirklich cool. Ich esse Galette und trinke dazu Cidre... Bei 28Grad... 


Um mich rum sind nur Amerikaner. Für die scheint das hier die Alternative zu Hawaii zu sein, 9 Flugstunden von LA. Viele machen hier eine Cruise. 

Tja, Tahiti war nicht unbedingt auf meiner Liste, trotzdem hätte ich gern mehr gesehen. Im Nachhinein hätte ich das Auto nehmen sollen und wenigstens einmal um die Insel fahren. Nächstes Mal dann. 
Die unzähligen Mückenstiche an meinen Beinen werden mich noch ein paar Tage daran erinnern. Und wenn ich in Zukunft einen Hahn krähen höre, werde ich auch an Tahiti denken :)

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