Und hier beginnt der lange Reisetag nach Trelew.
Im Flughafen brauchen wir erstmal noch einen Kaffee und dazu Strom für mein Handy. Keine der Steckdocsen funktioniert, aber bei den Jungs am anderen Ende wohl schon, also stecke ich da ein. Apple User helfen sich untereinander. :)
So pünktlich hat Lufthansa noch nie geboardet. 40 min vor Abflug steigen die Ersten ein und wir sind somit bei den Letzten. Pünktlichst heben wir ab und sehen sogar die Fälle noch einmal bevor wir in Richtung Süden abdrehen. Zum Essen gibt es hier immer dieselben Boxen auf denen unterschiedliche Destinationen erklärt werden und in denen es salzige Cracker, einen Zitronenkuchen und ein Al Fajor gibt.
In Buenos Aires haben wir 7h Aufenthalt, die wir dringend brauchen, vielmehr ich. Ich brauche jetzt mehr als dringend das Foto Ladegerät und muss Geld tauschen. Da wir das Gepäck nicht gleich wieder einchecken können und die Aufbewahrung schweineteuer ist, entscheiden wir, dass ich das alleine erledige. Als ob ich in den Krieg ziehe, packe ich meine Euros in den BH, lasse alles unnötige da, selbst eine Tasche und überlege sogar, ob ich nicht auch noch das Telefon bei Yvonne lasse. Zur Sicherheit nehme ich es auf meine Mission dann aber doch mit.
Ich steige ins Taxi und erwische einen supernetten Fahrer. Wir unterhalten uns über Fussball, ich entschuldige mich - wie so oft hier in Argentinien - aber hier geht es nur darum, wie heldenhaft wir den Erzrivalen Brasilien aus dem Turnier gekickt haben. Das ist wirklich lustig.
Er fragt mich, was ich denn in der Calle Florida machen will und ich zeige ihm meine Batterie, für die ich ein Ladegerät suche. Er bietet an vor dem Laden zu warten bis ich wieder komme, damit er mich gleich zurückfahren kann, denn er hat ja schon richtig vermutet, dass ich so ganz ohne Gepäck sicher wieder in den Flughafen zurück will.
Während wir an Favelas vorbeifahren und er mir erzählt, wie gefährlich es hier bei Nacht ist, denke ich daran wie bescheuert es war, ohne Tasche loszufahren. Was mache ich denn nachher, wenn aus meinen wenigen Euro Scheinen viele, viele Peso Scheine werden?
Wir kommen über die anscheinend breiteste Strasse der Welt mit 18 Spuren und sie ist wirklich enorm.
An der Calle Florida steige ich aus dem Taxi aus und lehne noch einmal dankend das Angbot ab, dass er hier auf mich wartet. Zu unsicher bin ich, ob er nicht doch ahnt, was ich noch vorhabe. Normalerweise bin ich nicht so ängstlich in neuen Städten, aber so viele haben uns gewarnt davor, wie gefährlich es ist, dass ich nun doch Schiss habe. Vor allem bin ich überzeugt, dass man mir ansieht, was ich vorhabe.
Überall stehen Männer und bieten Cambio - Geldwechsel - an. Auch wenn es eigentlich nicht ganz legal ist, wird der inoffizielle. Kurs in der Zeitung abgedruckt und die komplette Strasse ist voll mit diesen Männern. Ich entscheide mich trotzdem für eines von den kleinen Büros, die auch so aussehen als könnte man Geld wechseln und sobald ich drin bin, fragt mich der Mann hinter dem Tresen schon: Dolares o Euro? Euro... Und der. Kurs? Ah, derselbe wie Yvonne, sehr gut. Er merkt, dass mir nicht ganz wohl ist und fragt mich, ob ich in ein "Privado" möchte. Ja, bitte!
Ich nestel noch das Geld aus dem BH, da kommt schon ein anderer und legt mir 2 noch von der Bank original verpackte 100 Peso Packen auf den Tisch. Aus dem einen holt er ein paar Scheine raus, zählt meine Scheine und schon ist er weg und ich bin allein mit den "Bergen" von Geld. Auch wenn das hier normal zu sein scheint, für mich ist es das nicht. Jetzt wünschte ich wirklich ich hätte eine Tasche dabei. Den einen Pack verteile ich in meinem BH, aus dem anderen nehme ich schonmal die ersten 1000 raus und stecke sie in die Hosentasche. Den Rest verstaue ich an der Seite und mache mich auf die Suche nach einem Elektronikladen. Mir ist flau im Magen. Ich muss erstmal was essen.
5 Läden braucht es und unheimlich viel Rumfragerei bis ich endlich ein Universal-Ladegerät in der Hand halte. Es hat einen Argentinischen Stecker, also brauche ich auch noch einen Adapter für später. Auch das bekomme ich... Puh! Endlich kann ich entspannt weiterfotografieren.
Es hat angefangen zu regnen und jeder will ein Taxi. Ich renne einem hinterher und warte, bis der aussteigende Gast bezahlt hat. Erst jetzt, wo ich drin sitze, kann ich entspannen. So schlimm war es nicht und so gefährlich ist es auch nicht. Wenn man sich normal verhält, ist auch diese Stadt zu überleben und eigentlich freue ich mich schon drauf, wenn wir in einer Woche zurück kommen und ich mehr entdecken kann, ohne so viel Geld in den Taschen.
Yvonne hat in der Zwischenzeit alle unsere Geräte geladen und ist hungrig. Heute essen wir also immer getrennt :) Wir haben immer noch 4h bis zum Abflug. Erstmal verstaue ich die Kohle im Bauchgürtel und schaue jetzt aus wie im 5. Monat schwanger. Das kann ja noch lustig werden.
Warum haben die aber auch keinen größeren Schein als 100 Pesos?
Wenn man allerdings bedenkt, dass der Peso jeden Tag mehr an Wert verliert... Vor 4 Jahren waren der Peso und der Dollar 1:1, heute ist der offizielle Wechselkurs zum Euro 10,89 und der inoffizielle zwischen 15-19. Die Argentinier kaufen Euros und Dollars, um den kompletten Verfall ihres angesparten Geldes zu verhindern.
Wir haben noch so viel Zeit, da können wir doch schon die nächsten Tage planen. Ausserden haben wir noch nichts von unserer heutigen Übernachtung gehört. Also suchen wir ein Kommunikationszentrum und ich klemme mich ans Telefon. Die Vorwahl, die im nagelneuen Lonely planet steht, stimmt nicht mehr und die Rezeptionistin erklärt, dass die sich schon mal wieder geändert hat.
Das Hostel in Trelew hat heute keinen Computer, deshalb konnten sie meine Email noch nicht beantworten. Heute abend werden wir sehen, dass sie gar keinen haben, zumindest nicht sichtbar und die alte Frau, die uns eincheckt mit Sicherheit keine Emails beantwortet.
Am Telefon reserviere ich dann also ein Doppelzimmer mit geteiltem Bad. Check! Vom Hostel bekomme ich auch gleich noch eine Nummer für einen Veranstalter, der zu den Pinguinen nach Punto Tombo fährt. Die Nummer, die ich wähle, gibt es nicht. Hab ich mich verhört? Wir suchen den Anbieter im Netz, können aber nichts finden. Ich versuche an Stelle der 7 die 6 zu wählen weil ich bei 60 und 70 oft die beiden verwechsel und siehe da, jemand sagt Hallo. Aber bin ich richtig, bei Patagonia Explorer? Ja, bin ich und so kriegen wir auch diese Tour noch gebucht. Der Vorname reicht und morgen früh um 8:45 ist jemand am Hostel und holt uns ab. Das klappt wie am Schnürchen.
Jetzt brauchen wir nur noch einen Flug von Trelew nach El Calafate. Alle Verbindungen im Internet sind unerträglich und dauern bis zu 40h. Dann doch lieber 25 mit dem Bus. Am Aerolineas Argentinas Schalter bekommen wir eine schnelle Verbindung für einen akzeptablen Preis, vor allem wenn wir Cash bezahlen :) Also tun wir das und der Kassierer schmunzelt in den nicht vorhandenen Bart wie wir 100 um 100 Pesos hinblättern.
Wow, sind wir effektiv heute. Geld getauscht, Ladegerät gefunden, Hostel und Tour gebucht, Flug gekauft!
Jetzt müssen wir es nur noch nach Trelew schaffen. Bis 2 min nachdem das Boarden angefangen hat, steht am Gate 10 noch nicht, wo der Flug hingeht. Wird schon der Richtige sein!
Trelew Airport ist mini. Beim Ausgang werden alle Gepäckstücke wegen der Einfuhr von Lebensmitteln in Patagonia gescannt und die beiden, die das machen haben auch ganz korrekt weisse Arztkittel an. Schliesslich ist das hier keine Sicherheits- sondern eine Lebensmittelkontrolle.
Das Hostel schockt uns ein wenig. Es ist sehr, sehr alt und nicht gemütlich. Wir wollten kein Geld für ein Hotel ausgeben. Das haben wir jetzt davon. Trelew ist keine Touristenstadt, die Backpacker sind alle im 50 min entfernten Puerto Madryn. Die Registrierung erfolgt in einem riesigen Buch. Die alte Dame macht mich erst einmal zu Eva Julia Deutsch weil sie den Pass nichtt richtig lesen kann, dann wird alles abgefragt und Yvonne wundert sich, wann die BH Größe dran kommt. Alleinstehend/ verheiratet, wo kommen wir her, wo wollen wir hin, Beruf... Und beim Beruf haben wir ein Problem. Consultant kennt sie nicht. Also switche ich und erkläre ihr, ich bin eine Lehrerin für Erwachsene. Auch das wird nicht akzeptiert. Was soll das denn sein? Also biete ich an, nur eine Lehrerin zu sein, aber das geht ja nicht mehr, ich habe ja schon so viele andere Sachen gesagt. Am Ende schreibt sie Pr. Ad. (Profesora adultos) aber nur mit Widerwillen.
Das Hostel ist mehr eine Langzeitbleibe für medizinisches Personal. Wir scheinen die Einzigen Nicht-Argentinier zu sein.
Die Zimmer haben keine Fenster und die Erklärung des Systems mit dem Bad dauert fast noch länger als das Einchecken. Zwischen 2 Zimmern gibt es 1 Bad mit 2 Türen. Wenn man also ins Bad geht, schliesst man seine Tür mit dem Schlüssel auf, geht rein und verriegelt von innen die Tür zum Nachbarbad. Wenn man fertig ist mit allem, muss man aber in edingt den Riegel wieder aufmachen. Ja, wir kennen das Prinzip. Und wenn wir duschen, sollen wir doch bitten den Boden gleich mit dem Dort stehen Wischer abziehen. Das ist auch nötig, denn es gibt keine separate Dusche. Gegenüber vom Waschbecken ist der Duschkopf in der Wand. Wenn man duscht, macht man alles nass weil das Bad auch gleichzeitig die Dusche ist. Immer wieder geil.
Ich will dann auch gleich mein Ladegerät zum Einsatz bringen, finde aber nur 1 Steckdose direkt neben der Tür. Ah, der Fernseher, der im Schrank steht... Ich stecke ihn aus und denke keine Sekunde darüber nach, dass die unprofessionell in den Schrank verlegte Steckdose evtl. meinem Ladegerät schaden könnte. Nach 10 min macht es klack und das Licht geht aus. Ich will ausstecken, kann aber den Stecker kaum anfassen, so heiss ist er. Das war wohl ein kurzer und mein Ladegerät ist hinüber. Ich könnte heulen!
Ein kleiner Funke Hoffnung besteht, dass es nur der Adapter ist und den sollte ich ja leicht ersetzen können. Das versuche ich morgen...
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