Monday, May 9, 2016

08. Mai Jeder Flughafen hat andere Regeln


Fanta ist wie immer superfrüh da. Wir sind noch am Packen und frühstücken heute mal wieder nur Zwieback - also eigentlich getoastetes Brot, aber das mit dem Toasten meinen sie hier immer sehr gut.

Um 9 wollte er schon losfahren, aber wir haben ihn auf 9:30 gehandelt, weil der Flughafen ja laut Aussage nur 3-5 km weit weg ist.

Jetzt sitzen wir schon seit 25 min im Auto, aber wir kurven immer noch zwischen Hügeln herum. Keine flache Stelle für einen Flughafen weit und breit. Und die Strasse wird immer schlechter. Bald fahren wir nur noch auf einem schlechten Feldweg.

Und da, mitten aus dem Nichts, tut sich ein Verkehrskreisel auf. Na, wenn das mal kein Zeichen für einen naheliegenden Flughafen ist. Bei den Automassen, die hier so rumkurven, braucht man da schon große Infrastruktur. Oder ist der etwa für die Tiere und gar nicht für die 5 Autos, die hier am Tag vorbeikommen? :)

 

Der Check-In hat auf jeden Fall 2h vor Abflug noch nicht auf und auf der Kreidetafel, auf der die Abflüge notiert werden, steht auch noch nichts.

Und hier, nach dem Einchecken, das von einer Schweissfahne unseres Vorgängers gebrandmarkt ist, nimmt das Schicksal meiner Mugogo seinen Lauf.

Bis zur Sicherheitskontrolle komme ich. Aber da ist der Scanner nicht breit genug für mein 50cm breites Wagenrad. Ich soll die Tonplatte einchecken. Das ist mir überhaupt nicht recht, aber der Sicherheitsbeamte ist streng.

Zurück zum Check-In. Der Kollege lacht schon. Er wusste, dass ich wiederkomme. 5 Äthiopier helfen mir jetzt, die Platte "flugsicher" zu verpacken. D.h. ich stehe da während die Kumpels Karton und eine Menge Klebeband um meine Verpackung wickeln. Wie das die Platte vor Bruch schützen soll, ist mir ein Rätsel. Aber mit den 7 "FRAGILE" Aufklebern fühle ich mich schon fast besser - äh, nein!

Der eine Kollege versichert mir, die Platte persönlich zum Flugzeug zu bringen. So ganz beruhigt mich das ja noch nicht, aber mir bleibt nichts anderes übrig. Für diesen ganzen Aufwand und das Material - das ausschließlich aus der Ecke mit dem Müll kommt, bezahle ich dann widerwillig 10$. Eine Quittung bekomme ich natürlich nicht. J

 

Über Gondar fliegen wir zurück nach Addis und die Platte kommt ganz normal auf dem Gepäckband rausgefahren. Na, hoffen wir das Beste. In Robi’s Auto darf sie flach liegen und ich hoffe, dass ich sie so heil zurück nach DE kriege. Im Eiltempo fahren wir durch Addis. Mir kommt es vor, als ob wir zurück in der Zivilisation sind. Das Verhältnis von Tieren zu Autos ist hier umgedreht, wobei man auch in Addis noch genügend Tiere auf den Strassen sieht. Hier scheint aber auch alles schneller zu gehen. Fast ein wenig zu schnell für mich, aber als Vorbereitung für Deutschland ist das wohl das Richtige.

Im Sishu, einem hippen Burger-Restaurant in einer Lagerhalle, essen wir Mittag. Das ist eine richtig coole Location! Und für den Macchiato fahren wir in ein kleines Café, in dem es den stärksten Kaffee gibt, den wir hier trinken werden. Und Zuhause… Robi kauft jeder von uns 3 Tüten davon, die wir mit nach Hause nehmen sollen. Bei meinem „Verteilwahn“ ist das kein Problem. Mein Koffer ist leerer als vorher. Ich habe nicht nur meine Schuhe, sondern auch 1Jacke, eine Hose und das erst in Djibouti gekaufte „Chanel“ T-Shirt in Lalibela verschenkt. Das beste Investment war jedoch mein Hoodie, das ich am Freitagabend, als es so geregnet habe, dem tropfnassen Fanta geschenkt habe. Er zieht es gar nicht mehr aus, es passt ihm wie angegossen und steht ihm auch. So verschenke ich meine Sachen gern J

Noch kurz die Einkäufe erledigen… Robi kauft Fleisch für seine Hunde und Obst – alles vom Auto aus. Hier in Addis parkt man in 2. Reihe und brüllt in Richtung Gemüsestand oder Metzgerei. Der Verkäufer bringt einem alles ans Auto, und weiter geht’s. Drive-In Shopping auf äthiopisch. J

Und während wir warten segnet ein Priester ein paar Fußgänger im Vorbeigehen. So läuft das hier.

 

Addis ist wirklich keine schöne Stadt. Die Sightseeing Optionen halten sich in Grenzen und wir hängen lieber noch ein wenig mit Fanta ab, unterhalten uns und trinken sogar zu unserem allerletzten Shiro noch ein Radler. J

 

Und dann geht die Mugogo-Saga in die nächste Runde. Auf äthiopischen Flughäfen darf nur ins Gebäude, wer auch wirklich fliegt. Das Gepäck wird schon am Eingang zum ersten Mal gescannt. Hier sagt mir die Dame schon, dass meine Platte gebrochen ist und zeigt mir das Röntgenbild. L Ich bin enttäuscht. Jetzt will ich sie aber erst recht als Handgepäck mitnehmen, um das alles nicht noch schlimmer zu machen. Einen Riss kann man ja hoffentlich noch kleben.

Beim Check-In stößt dann aber erstmal mein in äthiopischen Fussboden eingewickelter Korb auf Widerstand. So darf er nicht fliegen. Ich muss ihn in Plastik einwickeln lassen und das was ich gemacht habe, zählt nicht. Dass es von Lalibela nach Addis ging, interessiert nicht.

Ok. Ich renne los. Dort wo alle Chinesen ihre Reisetaschen und riesen Koffer in Unmengen Klarsichtfolie einschweissen lassen, wird mein Korb verpackt und nicht nur das. Er kriegt auch gleich eine neue Form und wird wohl in Zukunft ein ovales Dasein fristen, so sehr wird er hier in die Folie gedrängt. Und für diesen Spass zahle ich natürlich wieder. Grrrrr.

Aber der Check-In Typ ist damit happy. Die Platte schaut er argwöhnisch an und als er meine Erklärung hört und den Ärger in meiner Stimme, darf ich sie als Handgepäck mitnehmen. Er hat verstanden, dass ich hier nicht mehr diskutiere, nachdem schon der Korb auf ewig verloren sein wird und auch die schwer erkämpfte Mugogo bereits sehr gelitten hat.

Sicherheitskontrolle: Zuerst wirft schon einmal die Sicherheitsbeamtin eine halb  getrunkene Wasserflasche einfach in die Ecke, weil ich die nicht mitnehmen darf. Äh, die wollte ich noch trinken. Motzend geht sie in die Ecke und holt sie zurück. Das geht ja gut los.

Und der Beamte, der scannt ist verwundert: Was ist das?
– Eine Mugogo (das ist das äthiopische Wort, also sollte das allen, die Injera essen und das sind ALLE, bekannt sein). 

Kenn ich nicht. Bitte auspacken.

– WAS? Meine 10$ Verpackung soll ich nun kaputt machen, nur damit ich ihm zeigen kann, wie sein Basis-Lebensmittel gemacht wird?

Mit seiner Schere schneide ich die teuerste Verpackung meines Lebens auf und hole die Platte vorsichtig heraus. Ja, sie ist gebrochen. Das sieht er auch und fragt mich, was ich damit noch will… Na, reparieren und als Deko nutzen. Das reicht ihm und ich darf sie wieder einpacken. Jetzt nehme ich die zwei Stücke und packe sie so, dass ich nur noch ein halb so großes Paket habe. Das ist wohl der einzige Vorteil der gebrochenen Mugogo (ich finde das Wort übrigens sehr cool!)

Wie ich da so vor mich hinschimpfe, kommt ein Mädel und bietet mir Leukosilk an, um das Paket wieder zuzukleben. Aber mit stecken geht es genauso gut. Wer weiss, was mich in Frankfurt beim Umsteigen erwartet.

Sie und ihr Freund fliegen heute nach 15 Monaten Afrika nach Hause. 1 Jahr haben sie in Tansania in einem Krankenhaus gearbeitet und sind dann mit einem gekauften Auto noch durch einige Länder gereist. Spannende Geschichten, die man da hört. Da ist unser Trip geradezu noch zivilisiert abgelaufen.

Wir sind uns aber alle einig, dass wir froh sind in Westeuropa geboren zu sein!

 

Mit einer Stunde Verspätung fliegen wir im halbleeren Flieger – juhuu 3 Sitze zum Schlafen!!! – zurück nach Frankfurt und kommen so spät an, dass mir nichts übrig bleibt als zu rennen… mit Mugogo… Ich drängle, ich renne, ich fliege an allen vorbei, schwitze mehr als jemals in Afrika und an der Sicherheitskontrolle darf Mugogo die nächste neue Prozedur über sich ergehen lassen… Drogenkontrolle! Na, das hatten wir noch nicht und ganz auspacken muss ich sie auch nicht. Mein Schlafsack reicht der Dame schon. Puh! Wenn man bedenkt, dass ich das Teil nicht geputzt habe, könnte wer weiss was dran sein.

Schweissgebadet schaffe ich es zum Gate.

20min von Flieger zu Flieger… Das schaffen nur Menschen. Das Gepäck ist in München natürlich nicht da. Macht mich das traurig? Nein! So muss ich es schon nicht nach Hause schleppen. J Ich bin gespannt, wie mein Koffer ausschaut, wenn er heute abend geliefert wird. Wenn er nochmal so viele Schrammen und Risse gekriegt hat wie auf dem Weg nach Djibouti, sollte nicht mehr viel übrig sein. Schon da kam er mit offenem, kaputtem Reissverschluss, einem ausgerissenen Trageriemen, einem Riss im Gewebe und einer nicht mehr funktionierenden Rolle an. Ich bin gespannt! 

Sunday, May 8, 2016

07. Mai Die Kirchenstadt Lalibela oder wie komme ich an eine Mugogo?

Um halb sieben unterhalten sich ein paar Deutsche aus der riesen Reisegruppe direkt vor unserer Tür. Soll ich aufstehen? Zu deren Glück habe ich es nicht gemacht.
In Lalibela kann man alle Sehenswürdigkeiten zu Fuss erreichen und die 11 Kirchen sind wirklich sehenswert, auch wenn wir schon eine Menge davon gesehen und die Geschichten aus dem alten und neuen Testament kennen.
Die Kirchen in Lalibela sind aus den Bergen herausgehauen. D.h. man erkennt sie nur an den großen Dächern, die von den Archäologen über die Kirchen gebaut wurden, um sie vor der Witterung zu schützen.
Wir fangen die Tour bei der größten Kirche an und unser Guide Jimmy erklärt uns super entspannt, wie King Lalibela alles mit Hilfe von Engeln gebaut hat. Mir ist heute morgen schwummrig. Ein paar Mal überlege ich, ob ich zurück zum Eingang und in die Nähe eines Klos gehen soll, schaffe es aber und es wird besser, auch wenn der Geruch in den Kirchen und auch der meisten Menschen hier, sehr gewöhnungsbedürftig ist. Das ist mir noch nie so negativ aufgefallen wie heute.
Jimmy schlappt vor uns her und schon stehe ich mit meinen Flipflops im Schlamm. Mmmmh, lecker. Aber es hat ja genügend Pfützen, in denen ich meinen Fuss waschen kann und auf dem nächsten Kirchenteppich trocknet er auch schnell wieder.
In jeder Kirche gibt es ein Kreuz, das es nur dort gibt. Und in jeder Kirche sitzt ein Priester, döst vor sich hin und holt auf Nachfrage eben jenes hinter dem Vorhang vor, Jimmy lässt sich damit segnen und wir kriegen die Erklärung warum das Kreuz so aussieht. Manchmal ist es symbolisch für die 12 Apostel, dann wieder für die vier Evangelisten, mal schön und mal weniger. In einer Kirche lasse auch ich mich vom Kreuz segnen. Das ist eine komische Erfahrung. Der Priester hält es mir an den Kopf und fängt dann an nach unten zu streicheln bis er mit Druck über meine Brüste fährt. Ich schaue ein wenig komisch und da hört er auf.

Vor dem Mittagessen lädt uns Jimmy zu sich nach Hause auf einen Kaffee ein. Das ist immer eine interessante Erfahrung und auch hier werde h nicht enttäuscht. Im Wohn-/ Schlafzimmer stehen ein Flachbildfernseher und ein DVD Player, aber gekocht wird draussen. Jimmy's Familie scheint Geld zu haben, aber trotzdem leben sie in einem dieser Lehmhäuser und es springen überall Tiere rum. Der Standard ist hier einfach ein anderer. Das Haus ist nicht deren ein und alles. Sein kleiner Sohn versteckt sich vor uns. Die Weissen schauen komisch aus :)

Mittagessen mit Wahnsinnsaussicht und unter riesigen über uns schwebenden Vögeln und weiter geht's mit den Kirchen. Die wohl Berühmteste ist die St. George, die im Kreuzform gebaut ist und auch nicht üerdacht. Hier kriegen wir aber erstmal einen Lachflash weil Fanta ein Video aufgenommen hat, auf dem er mit indischem Akzent spricht. Uns kommen die Tränen.
In der Kirche macht Jimmy ein kleines Nickerchen. Das ist neu. In jeder Hinsicht. :)
Und dann kommt meine Horrorvorstellung. Ein dunkler Tunnel, in dem man wirklich gar nichts sieht. Er gibt dem Wort pechschwarz eine neue Bedeutung. Das soll die Hölle symbolisieren und wenn man dann in der Kirche rauskommt, fühlt man sich wie im Himmel. Ich weiss nicht, was besser ist, mit geschlossenen Augen durch die Hölle zu wandern oder bei offenen Augen rein gar nichts zu sehen. Sehr fest halte ich Julia's Taschenbendel, damit ich nicht verloren gehe. Und Jimmy singt uns durch die Hölle.

Mit einem Spaziergang durch Lalibela und dem Wahnsinns Ausblick von einer Lodge ins Tal endet die Tour. Und ich kann Fanta endlich erklären was ich mit dem Korb, den ich in Axum gekauft habe und der Injeera Platte will. Hier stehen genau solche Tische rum. Nur die Platte fehlt mir noch.
Fanta wird aktiv. Eigentlich wollte ich sie morgen in Addis kaufen. Das kann ja nicht so schwer sein, ein Kochutensil zu bekommen für das Essen, von dem die Äthiopier quasi ausschliesslich leben. Aber es scheint ein Problem zu sein. Mugogo, wie die Platte genannt wird, wird es morgen in Addi nur schwer geben, weil zum 2. Mal Ostern gefeiert wird und deshalb der Mercato - wir erinnern uns nur ungern an diese Erfahrung zurück, die Jahre her zu sein scheint - geschlossen sein wird.
Robi ruft eine Töpferin an, versucht alles. In der Zwischenzeit geht Fanta los und kauft Plastikplane für meinen Korb. Ich kann nichts tun ausser Warten.
Da klopft es an der Tür. Robi ist am Telefon. Er hat in Lalibela seinen Guide angerufen und der hat eine gebrauchte Platte organisiert, die jetzt mit dem Bajaj auf dem Weg zu mir ist. Wenn mir die gefällt, soll ich sie auf jeden Fall nehmen, weil es sonst sehr schwer wird noch eine zu finden bevor ich fliege.
Ich renne nach unten und warte sehnsüchtig. Ein junger Kerl trägt eine in einen Rupfensack eingewickelte Platte in die Lobby. Juhuu!!! Sie ist schwarz, gebraucht und riecht ein wenig streng, aber genauso soll sie sein - den Geruch kriege ich schon noch weg. Ich bezahle sie und den Bajaj Fahrer und frage mich, welche Familie in Lalibela jetzt morgen kein Injeera machen kann. Aber ich nehme an, sie haben mir um einiges mehr abgeknüpft als eine neue Platte kosten wird.

Jetzt muss ich sie nur noch heil nach Deutschland bringen. Das könnte noch ein Problem werden. Den Rupfensack habe ich schonmal mitgekauft und zusätzlich opfere ich meinen Schlafsack zum einwickeln.
Fanta kommt mit der Plane - oder nennen wir es mal äthiopischen Fussboden :) - und einer Menge Schnüre. Auch der Korb aus Axum muss flugsicher verpackt werden. Na, wenn das mal alles gut geht.



06. Mai Von Gheralta nach Lalibela

Um 6 fahren wir los... Ich bin noch nicht mal richtig wach als Meli mich angrinst und erzählt, dass er heute morgen schon beim Laufen war. Puh. Der ist fit.
Bis Mekele schlafen wir. Nach Kaffee geht es weiter. So ein kompletter Tag im Auto ist lang. Vor allem wenn man 30min auf einer Strasse durch die Berge fährt und plötzlich große Steine im Weg liegen. Was soll das denn? Ah, da vorne liegt ein umgekippter LKW samt Anhänger. Die komplette Ladung aus weissen Plastiksäcken liegt mitten auf der Strasse und auch der LKW liegt so, dass ein Durchkommen unmöglich ist. Wir drehen um. Und ziweder zurück. Es scheint noch einen anderen Weg zu geben, aber das dauert. Meli gibt Gas. Vor Dunkelheit möchte er in Lalibela sein. Für die vielen Fotostops haben wir aber immer noch Zeit.
Im Touristenhotel in einer Stadt, die auch die beiden Jungs nicht kennen, wollen wir Mittag essen bzw. einen Kaffee trinken. Es gibt aber nur Kaffee mit Tee gemischt. Das verstehe ich nicht wirklich, aber ok. Den nehme ich auch. Leider scheint es so als ob sie den Kafee und Tee erst noch ernten müssen. Wir haben schon lange gegessen bis der Kaffee endlich kommt.
Von Tigray, der Region mit den Steinhäusern, sind wir nun wieder in Amhara, wo die Häuser aus Holz und Kuhfladen/ Lehm sind. Zwischendrin ist die Landschaft so grün, dass man meinen könnte, man fährt durch die Alpen. Die Esel, Ziegen, Schafe und Kamele auf der Strassen holen einen aber sofort zurück in die Realität. Der Umweg, dem wir wegen des LKW fahren mussten, kostet uns bestimmt 3h, wenn nicht noch mehr. Als wir in Lalibela ankommen, wird es gerade dämmrig. Morgen ist schon unser letzter Sightseeing Tag. Kaum zu glauben.
Von Meli müssen wir uns heute veranschieden. Er fährt morgen heim nach Gondar zur Hochzeit seiner Schwester... Schade!

05. Mai Die Kirchen in den Bergen

Die Gheralta Region ist für ihre Kirchen hoch oben auf den Bergen bekannt. Im Lonely Planet steht, dass das Dorthinkommen bei manchen eine gute Fitness voraussetzt, weil man über ein Seil 7 bis 8 m hinaufklettern muss. Das klingt ja erstmal nicht so schlimm.
Ohne Frühstück verlassen wir unser Motel, nachdem wir um kurz vor 8 von einer Prozession und lautem Hupen auf der Strasse geweckt wurden. In einem supernetten lokalen Café kriegen wir erstmal Bunna - äthiopischen Kaffee - damit wir die 3h Wanderung auch schaffen. Nach den Simien Mountains, in denen die Wanderung ja eher ein Spaziergang war, klingt das erstmal nicht schlimm. Die Landschaft durch die wir wandern, hat so viele Farben in ihren Steinen, dass man überhaupt nicht mehr aus dem Staunen rauskommt. Von tiefrot über leichtes orange, gelb, weiss, grau, dunkelgrau ist alles da. Ich krieg mich gar nicht mehr ein. Von oben brennt die Sonne auf uns und wir sammeln mit dem Näherkommen an den steilen Teil des Bergs immer mehr 'Mitwanderer'. Die wollen uns nachher beim Hochklettern helfen. Höher und höher steigen wir und mir ist noch nicht so ganz klar, wie wir bei der 90 Grad steilen Bergwand, die vor uns ist, bis ganz oben kommen wollen. Mittlerweile klettern wir schon und kriegen gesagt, wo wir unsere Füsse und Hände hintun sollen, um den besten Weg zu nehmen. Und da auf dem Plateau sitzt Meli, ohne Schuhe und wartet mit ein paar Helfern auf uns. Be or wir uns versehen, haben auch wir die Schuhe aus und Julia steigt in einen Klettergurt ein, der sie vor dem Abstürzen von der nun gerade hochzeigenden Wand schützen soll. Unser Guide geht voraus und befestigt das Seil. Und schon schieben 2 Helfer Julia in Position und erklären ihr wie sie treten muss. Schwupps ist sie oben. Barfuss! Krass!
Und schon wird mir der Gurt umgeschnallt. An meinen Beinen ziehen sie ihn sehr fest. Zu fest für mein Gefühl, aber hatte noch nie einen solchen Gurt um, deshalb sage ich auch nichts. Die ersten paar Schritte gehen noch. Aber es ziehen und schieben 3 Männer an mir und erjlären wo ich hintreten und meine Hände hinmachen soll. Der vor mir steht noch in dem Loch, in das meine Hand muss und ich werde nervös. Als ich mich mit der linken Hand an einem Baum festhalten soll, wird es mir zu viel. Der Baum bewegt sich ziemlich und das hält überhaupt nicht. Ich hänge in der Wand und die einzige Stütze, die ich habe ist ein wackliger Baum. Der Helfer, der über mir steht, nimmt seinen Fuss aus einer Kuhle und sagt mir, ich soll mit der rechten Hand da rein und mich hochziehen. Die Kombination aus wackeligem Baum und dem rutschigen Loch, in dem ich mich nicht richtig festhalten kann sowie den ganzen Menschen um mich rum, ist mir zu viel. Ich kann das nicht. Wegen des engen Gurts spüre ich meine Beine kaum noch. Ich will wieder runter. Es geht nicht. Ich fühle mich nicht sicher und habe plötzlich Angst abzustürzen, nach hinten weg zu kippen. Unter mir müssen erst einmal zwei Jungs weg, damit ich wieder zurück kann. Julia ist schon ausser Sichtweite und ich gebe Fanta noch mein Handy mit, damit sie wenigstens Fotos machen kann. Sie hat ihrs unten gelassen.
Mit Selassie, dem letzten Helfer, bleibe ich auf dem Plateau sitzen. Meine Hände zittern und ich muss erstmal in die Weite schauen. Die ist wunderschön und langsam werde ich wieder ruhiger. Selassie spielt mit seinen Handy rum und hat Probleme. Es geht nicht mehr. Zeit haben wir, also schaue ich es mir an. Die Kontakte der Batterie sind total verstaubt. Ich putze sie und baue alles wieder zusammen. Geht! Na, wenigstens konnte ich auf einem Berg ein Handy reparieren.
Und dann versuche ich es nochmal. Dieses mal ohne Klettergurt. Der ist oben. Selassie zeigt es mir und ich klettere ihm hinterher. Aber an derselben Stelle wackelt wieder der Baum und das Loch für die rechte Hand ist rutschig. Ohne Gurt traue ich mich nicht weiter, obwohl nur 2 Schritte fehlen, bis es weniger gefährlich aussieht. Er kommt wieder runter und wir probieren nochmal mit ihm unterhalb von mir. Es geht nicht! Enttäuscht über mich selbst warte ich auf die anderen. Wenigstens kann ich in aller Ruhe die Wahnsinns-Aussicht geniessen.

Der Rückweg ist anstrengender als der Weg nach oben. Steil geht es bergab. Hier habe ich überall Gelegenheit für Ceci Sand zu sammeln. Bisher war es meistens Erde, die ich gesehen habe. 5 Tüten kriege ich zusammen.

Zum Mittagessen sind wir wieder in der Gheralta Lodge und die einzigen Gäste. Das Essen hier ist so lecker!!
Und nach dem Essen wollen wir noch zu einer anderen Kirche wandern. Das ist zwar weiter, aber nicht so krass, sagt Gabriel, unser Guide. Ok. Wir fahren hin und schauen nach oben. 450 Höhenmeter über uns liegt wohl die Kirche. Das wollen wir in 3h hin und zurück schaffen. Dunkle Wolken am Himmel und die Zeit bis Sonnenuntergang ist schon ziemlich knapp. Wir gehen trotzdem los. Nach einer halben Stunde - wir haben schon wieder dreimal mehr Guides als Touristen :) - sehen wir wie es in einer Bergspalte steil nach oben geht. Wir schauen uns an. Das hätten wir gestern locker noch machen können, aber nach der morgigen Wanderung jetzt nochmal klettern, und zwar mehr als 1,5h steil den Berg hoch? Das ist uns doch zu krass und wir wollen lieber unten bleiben zumal es tröpfelt und wir nur erahnen können wie rutschig das wird wenn die Felsen nass werden. Schade. Zurück durch die wunderschöne Landschaft, die alle paar Meter ihre Farbe wechselt. Meli ist ein wenig erstaunt als wir nach einer Stunde schon zurück sind. Der Guide will uns unbedingt ein Lodge zeigen, das gerade gebaut wird und eine tolle Aussicht hat. Meli fährt, biegt in eine kleine Sandstrasse ab und schon stecken wir fest. Hmmmm, das kennen wir doch schon und heute warte ich gar nicht erst lange, sondern fange sofort zu buddeln an, bevor das hier in ein zweites Djibouti Erlebnis ausartet. Aber in Äthiopien ist alles ein wenig anders. Aus dem Nirgendwo tauchen mindestens 10 Menschen auf, die helfen. Mit ein paar Steinen unter dem frei gebuddelten Rad und dem Anschieben aller, ist das Auto gleich wieder frei. Wir laufen weiter. :)
So wahnsinnig toll ist die Aussicht aus dem Talkessel des Lodges nicht, aber die Häuser, die hier entstehen, sind superschön, groß und werden bestimmt der Gheralta Lodge einmal mächtig Konkurrenz machen.
Bevor das aber passiert, essen wir hier noch einmal sehr gut italienisch und vor allem Salat. :)
Und meine blauen Turnschuhe, die mich schon vor 3 Jahren in Südanerika und vor 2 Jahren auf meiner Weltreise begleitet haben, die alle Kontinente außer der Antarktis mit mir bereist haben, bleiben in Afrika. Der Guide, der uns so sicher durch die Berge geführt hat, bekommt sie und so werden sie sicher noch oft hier in den Bergen wandern.

04. Mai Ausgesetzt im Nirgendwo

Heute ist der erste Tag in unserem Urlaub, an dem wir eigentlich ausschlafen können. Heute ist aber auch der Tag, an dem es ab halb sieben vor unserem Zimmer abgeht. Die chinesische Reisegruppe geht, unser Telefon klingelt, jemand klopft an unsere Tür. Ich baue das irgendwie in meinen Traum ein. Julia hat nicht soviel Glück sondern wacht auf und kann nur schlecht wieder einschlafen.
Zum Frühstück gibt's Fruit Loops. Die erinnern mich an USA und so geniesse ich die bunten, mit Farbstoff gefüllten Zuckerkringel. :)

Ausser der Fahrt nach Gheralta haben wir heute nichts vor. Im Lonely Planet haben wir schon gelesen, dass unser Hotel heute abend der Traum ist und viele sagen, dass es ihre beste Nacht in Äthiopien war. Ausserdem gehört das ganze einem Italiener, was für extrem gutes Essen sprechen sollte. Wir freuen uns, auch wenn bisher alle Hotels sehr gut waren und definitiv meinen sonstigen Reisestandard von 5€ Hostels weit übertreffen. Ein bisschen Luxus schadet allerdings niemandenm, oder?

Die Landschaft ist hier ähnlich wie im Südwesten der USA. Meli hat mittlerweile mein Schema durchschaut und bietet jetzt schon immer einen Stop an, wenn er denkt, dass ich sicher ein Foto machen will, und er ist zielsicher! Das Äthiopien Fotoalbum werde ich teilweise ihm widmen :)
Fanta telefoniert heute viel. Natürlich verstehen wir keinen Ton und er erklärt auch nicht. Er scheint nervös und noch wissen wir nicht warum.
In Adigrat, einer Stadt mitten in der wunderschönen Landschaft essen wir Shiro, eine orange Soße mit Injeera.
Der Kellner bietet mir an, mit nach Gheralta zu fahren, weil er mich schön findet. Aber unsere Jungs stehen vor dem Restaurant und grinsen schon rein. Sorry, ich habe schon eine Begleitung. Enttäuscht zieht er dahin.
Jetzt ist es nicht mehr weit und in 23km treffen wir unseren Guide hören wir von Fanta. Heute noch Sightseeing? Ok.
In einem dieser Orte, durch die wir normalerweise nur durchfahren und in denen Meli uns nicht mal auf die Toilette gehen lässt, halten wir an einem Motel an. Fanta hüpft rein und kommt nach ein paar Minuten zurück. Hier können wir heute nacht schlafen. Die Gheralta Lodge ist überfüllt wegen eines Meetings. Morgen könnte es klappen. Bevor wir diese Information verarbeitet haben, stehen wir in einem kahlen Zimmer mit zwei russisch bezogenen Betten, unseren Koffern und Fanta fragt, ob wir noch etwas aus dem Auto brauchen. Sicherheitshalber nehme ich das Wasser mit raus. Also doch kein Sightseeing mehr? Meli fragt, ob wir wieder ein Bier trinken gehen. Er holt uns um 7 ab. Ok. Und weg fahren sie.
Wir sitzen wie versteinert in diesem Zimmer. Julia findet im Bad schwarze, kurze Kringelhaare und vermutet Schamhaare, wobei hier in Afrika könnten das auch sehr kurze Kopfhaare sein. Wir entscheiden uns für die letzteren und überlegen was wir jetzt 4h machen sollen bis die beiden wiederkommen. Der Ort schaut nicht so aus als hätte er ein Cafe, in dem wir ohne Magenprobleme etwas trinken können. Und ehrlich gesagt wissen wir noch nicht einmal wo wir sind. Keiner hier spricht Englisch oder kann auf meiner Lonely Planet Karte zeigen in welcher Stadt wir sind. Endlich finde ich einen älteren Mann, der mir sagt, dass wir in Hawzien sind. Ah. Da ist auch die Lodge und ein Markt, der am Mittwoch super interessant sein soll. Den können wir uns ja auf jeden Fall mal anschauen und dann mit einem Bajaj ins Lodge fahren zum Abhängen und Kaffee trinken.
Der Markt scheint schon vorbei zu sein. Und alle starren uns an. So oft scheinen hier keine Weissen ohne Guide herumzulaufen.
Die Tankstelle besteht aus ein paar Total-Blechfässern und viele Häuser sind komplett zerfallen. Ein wenig schaut es aus wie im Krieg. In 10 min ist unsere Stadtour beendet und wir finden einen Bajaj Fahrer, der uns für 40Birr zum Lodge fährt.
Hier landen wir in einer anderen Welt. Es ist ein italienischer Toskana-Traum mit äthiopischem Flair. Auf dem Patio können wir den ganzen Nachmittag die Ruhe geniessen. Denken wir.
Kaum liegen wir, geniessen die Aussicht und haben unsere Bücher ausgepackt, kommt eine extrem laute Gruppe amerikanischer Zahnärzte, die hier wohl die lokalen Ärzte unterrichten und belagern die komplette Terrasse. Die belanglosen Gespräche in Megaphonlautstärke können wir beide nicht ausblenden. Also kriegen wir alles mit. Nichts war's mit dem entspannten Nachmittag. Aber wenigstens haben wir zum Abendessen einen Platz bekommen. Wir dürfen bleiben. Und das lohnt sich. :)
Es gibt Zwiebelsuppe, Spaghetti mit Pesto, SALAT, den wir genüsslich essen und einen Crepe mit Avocadofüllung.
Und so gestärkt ist auch unser russisches Zimmer nicht mehr schlimm. Die Haare lassen sich wegspülen und unter dem russischen Tagesdeckenteppich kommt saubere Bettwäsche hervor. Das ist doch schon mehr als ich manchmal auf meiner Weltreise hatte. :)



Wednesday, May 4, 2016

03. Mai Tanzen wie die Afrikaner

Wir sind beide ein wenig Sightseeing-müde, und das ausgerechnet in der Stadt, die mal das Königreich von Äthiopien war.
Das wird sich aber bald ändern. Solomon, unser Guide für heute macht es spannend. Wir fahren zu den ersten Ausgrabungen und sehen erstmal ein paar Obelisken, einer ist schon umgefallen. Solomon erklärt und wir bewundern die Genauigkeit und Symmetrie mit der die Säulen gearbeitet sind. Was mich unheimlich fasziniert ist, dass sie alle an einem Stück gefertigt wurden. D.h. die Steine wurden als Ganzes aus den Felsen geschlagen und dann nach Axum transportiert, wo die angedeuteten Türen und Fenster reingehammert wurden. Das alles erinnert mich an die Osterinsel. Die Jungs dort sind auch aus einem einzigen Stück Stein, wobei sie nicht annähernd so groß sind wie der gestürzte Obelisk.
Die Sightseeingmüdigkeit ist vorbei. Das ist schon alles sehr interessant. Vor allem ist es sehr schade, dass das äthiopische Reich in der deutschen Schule überhaupt keine Erwähnung findet. Wir reden nur über die Griechen, Römer, Ägypter.
Hier die komplette Geschichte, die wir erzählt bekommen haben, nachzuzählen, wäre an dieser Stelle zu viel.
Schockierend war noch Queen Sheba's Pool. Aus dieser braunen Brühe haben die Axumiten bis vor ca 25 Jahren ihr Trinkwasser geholt. Sauberes Trinkwasser ist meiner Meinung nach das größte Problem Äthiopiens.
Und die Toiletten. Aber da denke ich ja, dass die westlichen Standardklos nur für die Touristen sind und weil fliessendes Wasser eher eine Seltenheit ist, ist das oft keine so tolle Erfahrung. Ich bin in nicht westlichen Ländern ohnehin großer Fan der Plumpsklos. Ok, genug von diesen Themen.
Endlich gibt es ein paar Shops, in denen wir evtl. etwas kaufen wollen. Schon seit ein paar Tagen spukt mir eine Idee im Kopf rum. Ich will einen dieser Körbe und eine Platte mit der Injeera gemacht wird als Wohnzimmertisch mit nach Hause nehmen. Hier in Axum scheint das Zentrum der Korbmacher zu sein. Und es gibt nicht nur die, die wir schon überall gesehen haben sondern auch welche, die aus bunten Fäden gemacht werden. Auf den ersten Blick gefallen die mir sehr gut, aber sie schauen nicht besonders äthiopisch aus. Am Ende wird es ein gebrauchter. Jetzt brauche ich nur noch so eine Platte. Die Jungs lachen sich kaputt als sie verstehen, was ich machen will. Die haben noch eine Menge Spass mit mir bis sie uns am Sonntag Mittag am Flughafen in Lalibela abladen.

Heute abend gehen wir mit den Jungs tanzen. Unser Bier vor der Metzgerei von gestern schreit nach einer Wiederholung und sie haben versprochen für uns die Schultern zu schütteln. Mal wieder enden wir in einem kulturellen Restaurant mit einer Tanzshow. Fanta fängt aber schon im Sitzen an sich zu bewegen und in der ersten Showpause steht er vor der Bühne und zeigt uns seine Moves. Lange dauert es nicht bis Meli auch da steht und beide mit den Schultern zucken.
Das ist der Beginn eines langen Abends, an dem auch Julia und ich afrikanisch tanzen lernen. Ich werde von Meli gerügt. Meine Hüften bewegen sich zu viel. Das schaut nach Salsa aus. So bin ich halt.
Auf jeden Fall macht es einen Heidenspass! Und die Äthiopier lachen wahrscheinlich noch viel mehr als wir über die Vorstellung, die wir abgeben.



02. Mai Der Krankenwagen, unser neues Transportmittel

Als allererstes... Uns geht's gut. Keiner war krank. Die Geschichte ist sehr lustig.

Die Nacht auf 3200m war wärmer als erwartet. Gegen morgen muss ich sogar meinen Fleece Pulli ausziehen, so warm ist mir.
Unsere Mägen sind heute noch nicht die Besten und deshalb essen wir nur ein wenig trockenes Brot zu unserem Kaffee. Den Saft lasse auch ich heute stehen.
Es regnet, was hier oben alles ziemlich trist aussehen lässt. Von den Simien Mountains sieht man sicher nichts, also lohnt sich auch ein Spaziergang nicht. Um 8 sollte Meli wieder aus dem Dorf da sein, aber auch 20 nach ist noch niemand zu sehen. Ich mache mir ein wenig Sorgen, dass er steckengeblieben ist auf dem schlechten Feldweg, der zu uns hier hoch führt. Ich kann mir nur vorstellen, wie matschig es jetzt sein muss. Und er ist allein. Das ist keine gute Mischung und der Bus hat keinen 4-Radantrieb. Bis kurz vor 9 warten wir und da kommt er. Er hat ein anderes Auto organisiert, weil er wusste, dass er das mit dem Bus nicht schafft - den örtlichen Krankenwagen, einen Jeep. :)
Ein Krankenwagen in Äthiopien hat nur sehr wenig mit einem deutschen zu tun. Ausser Transport bietet er nichts.
Unsere Koffer kommen auf die Trage, die Jungs sind sozusagen die Sanitäter und Julia und ich zwängen uns zu zweit auf den Vordersitz.
Los geht's. Der Fahrer weiss was er tut und fährt mit einem Affentempo, aber sicher, den Berg runter, durch Matsch, über Steine und durch riesige Pfützen. In weniger als 30min sind wir in Debark und unsere Krankenwagenfahrt ist vorbei. Das hatte ich auch noch nie.

Und hier beginnen die 8h Serpentinen durch die Berge. Die Hälfte davon auf einer Schotterstrasse, so dass wir wieder eine kostenlose äthiopische Massage bekommen und die andere Hälfte auf geradezu einer Autobahn.
Der arme Meli. Immer wieder muss er anhalten, weil ich nicht genügend Fotos von den Bergen machen kann.
In einem kleinen Dorf halten wir an und die Jungs frühstücken erstmal unter einem wunderschönen, riesigen Feigenbaum. Die Dorfkinder sind es nicht gewohnt, dass ein Touribus auch wirklich anhält und wir sind die Attraktion. Wie im Zoo!
Das Frühstück ist hausgemacht von Meli's Mama. Injeera mit Lammfleisch vom Osterschaf, das gestern geschlachtet wurde. Nicht schlecht, aber zum Frühstück vielleicht doch ein bisschen krass für mich.
Wir fahren in eine andere Region - hier wird nicht Amharic geredet, sondern eine andere Sprache. Auch die Häuser sind jetzt nicht mehr aus Holzsteelen und mit Dreck verkleidet sondern aus Stein. Wie Tetris 3D schaut so ein Haus aus. Sorgfältig sind hier alle Steine aufeinandergestapelt. Die Landschaft ist allerdings überhaupt nicht mehr grün sondern genauso wie ich mir Äthiopien eigentlich vorgestellt hatte. Trockene, rötliche Erde und dazwischen ein paar vertrocknete Bäume.
In Shire, einer Stadt, die plötzlich aus dem Nichts auftaucht, halten wir zum Mittagessen. Das einzige Restaurant, in das die Jungs uns gehen lassen, ist in einem Hotel. Einmal Pizza mit Gemüse bitte - und nochmal ein Dank den Italienern! Hmmm, die Pizza hat alles, aber kein Gemüse. Ich finde Hühnchen, Speck, Käse, aber von Gemüse keine Spur. Der Kellner versichert mir, dass das die richtige Pizza ist und will sogar die Speisekarte holen. Da merkt er wohl selbst, dass da etwas nicht stimmt. Egal. Ich will nicht nochmal 20 min warten. Ich kann auch die essen.

Bis Aksum ist es noch ein ganz schönes Stück. Erst gegen Abend kommen wir an. Im No Name Café muss die Kellnerin einen Gast fragen, ob er Englisch kann und uns fragen, was wir wollen. Aber man weiss sich ja zu helfen.
Unsere zwei Jungs holen uns später ab und wir gehen beim Metzger noch was trinken. Ja, beim Metzger. Hier vor der Metzgerei, in der halbe Tierhälften ungekühlt abhängen, gibt es einen Lautsprecher mit ohrenbetäubend lauter Musik und ein paar Tische an denen schon bei unserer Ankunft eine Menge Flaschen standen.
Meli und Fanta tanzen sogar ein wenig für uns. Morgen machen wir mit.
Und wieder ein Bierschildchen mehr für Bastiaan. :)

Monday, May 2, 2016

01. Mai Der Grand Canyon kann einpacken

Das Frühstück fällt bei mir heute eher mau aus. Injeera mit Fleisch packe ich morgens einfach noch nicht.
In 2h fahren wir nach Debark, der Heimatstadt unseres Fahrers Meli, wo wir noch einen Kaffee trinken bevor wir mit einem Guide und einem mit Gewehr bewaffneten Scout in den Simien Nationalpark aufbrechen.
Die Strasse zum Lodge ist abenteuerlich und ich bin gespannt, was wir machen, wenn wir mit dem Kleinbus steckenbleiben. Einen Vierradantrieb hat der nicht! Langsam aber sicher kämpfen wir uns nach oben, Serpentine für Serpentine.
Das Lodge ist ganz oben mit einer tollen Aussicht. Aber kalt ist es hier. Wir weissen Pussies ziehen unsere Fleece Sachen an und frieren uns durch ein Mittagessen, bei dem wir ganz allein in dem riesen Restaurant sind. Der große Kamin in der Mitte ist leider nicht an, aber ich freue mich auf heute abend, wenn hier das Feuer brennt und ich mal wieder Blog schreibe. Das habe ich schon ein paar Tage nicht mehr gemacht.
Jetzt aber erstmal los. Heute ist 1. Mai, also ist Wandern angesagt.
Lange laufen wir noch nicht, da bleibt uns fast die Spucke weg. Die Simien Mountains sind vor uns. Der afrikanische Grand Canyon, nur tausendmal schöner und mehr zerklüftet. Es ist ein wenig diesig, aber das tut der Schönheit keinen Abbruch. Ich bin überwältigt.
Am Bergkamm entlang wandern wir von Aussichtspunkt zu Aussichtspunkt und immer wieder müssen wir stoppen, weil wir uns nicht mehr einkriegen vor lauter Staunen.
Sie sind so weit und unendlich, das kann man kaum fassen. Die Fotos nehmen nichtnannähernd das auf, was wir mit bloßem Auge sehen.
Fanta entpuppt sich als Fotograf und hat die größte Freude mit unseen iPhones und meiner großen Kamera.

Mit dem Auto fahren wir weiter und laufen noch ein paar Minuten zu einem Wasserfall, der in der Regenzeit 500m in die Tiefe stürzt. Jetzt, zum Ende der Trockenzeit ist es leider nur ein Rinnsal, von dem man die Gewaltigkeit des eigentlichen Wasserfalls erahnen kann. Aber auch hier beeindrucken die Berge mich wieder mehr! Neben dem Torres del Paine Nationalpark nehmen sie den Platz meiner Top 2 Destinationen ein. Ich bin verliebt.
Und dann kommen die Affen. Oh Gott, sind die süss!!! Sie haben vor ca. 2 Wochen Junge gekriegt. Aber auch so wären sie toll zu beobachten und anzuschauen. Sie lassen sich von uns nicht stören. Gelada Affen sind die einzigen Grasfresser in ihrer Art und das tun sie den ganzen Tag. Sie leben in Familienverbünden und ihr Sozialsystem ist superkompliziert. Das alles sehen wir aber nicht. Wir beobachten nur, dass sie uns wahnsinnig ähnlich sind. Die Kinder hören nicht und schon gibt es einen Klaps auf den Hinterkopf. Auch ihre Konversationen könnten von uns Menschen sein. Und das Allerbeste: Sie haben keine Scheu vor Menschen. D.h. wir können ingehindert sehr nah an sie ran. Hier könnte ich den ganzen Tag bleiben und die Kinder und Erwachsenen beobachten, wie sie spielen, sich lausen und manchmal auch anbrüllen.

Zurück in der Lodge zieht es mich trotz des eisigen Windes nochmal zum ersten Aussichtspunkt. Hier in Äthiopien, umgeben von soviel Natur und Landwirtschaft, muss ich sehr viel an Omi denken und was sie wohl gesagt hätte wenn ich ihr alles erzähle. Ich höre sie ständig, wie sie sagt: Ja, do schau her... Des ham mir friaras a so gmacht. Mei, is des schee!

Fanta sitzt allein im Restaurant und ich begleite ihn in die Bar. Hier wird der Kamin angeheizt und es wird zwar nicht so richtig warm, weil es überall reinzieht, aber es ist gemütlich. Und sich mit ihm zu unterhalten ist ohnehin super interessant.

30. April Erinnert ihr euch an den Schwarzen? Oder eine kleine Menge Zwiebel

Um halb acht stehen wir bereit und die Jungs sind da. Wir fahren nach Gondar, Fanta's Heimatstadt. Auf dem Weg dorthin sehen wir endlich mal Landleben in Äthiopien. Die ständige Fliegerei hat zwar viele Vorteile aber auch den einen Nachteil, dass man nur Städte sieht.

Und wir halten in einem kleinen Dorf an, das ein lustiger Herr mit grüner Bademütze vor 23 Jahren gegründet hat. Es ist eine Kommune, in der Männer und Frauen gleichberechtigt sind und sie alle nach bestimmten Regeln leben. Alles hier scheint aufgeräumter, sauberer als in anderen Dörfern. Wir haben eine Audienz beim Gründer, wo er uns Fragen beantwortet und werden dann durch's Dorf geführt. Die Schule für die ganz Kleinen, die Bibliothek mit einem superschönen Regal, die Küche eines Privathauses und die Weberei. Spannend, aber mehr weil wir mal in ein Dorf schauen können.
Meli, unser Fahrer hält in einem Dorf an, in dem es scheinbar supergute Zwiebeln gibt. Er fragt ob es ok ist, wenn er eine kleine Menge Zwiebeln kauft und sie auf's Dach legt. Aber sicher, nur warum will er eine kleine Türpte Zwiebeln aufs Dach legen? Die fallen doch runter. Naja, eine kleine Menge Zwiebeln ist in Äthiopien ein geschätzter 35l Sack. :) Wir lachen noch als wir aus dem Dorf rausfahren.

In Gondar essen wir bei den 4 Schwestern. Das scheint der Touristenmagnet zu sein, aber es ist auch wirklich ein schönes Restaurant mit gutem Kaffee.

Gondar selbst ist eine alte Stadt, in der schon einige Könige gelebt haben, die sich alle jeweils ihr eigenes Schloss neben das des 1. Königs gebaut haben, wenn sie an der Macht waren. Auch ein Dampfbad hatten sie damals schon.
Die lustigste Geschichte erzählt Fanta allerdings am Schild "NO SMOKING". Ein japanischer Gast von ihm stand vor dem Schild und hat gesagt: Ah, das Schloss hier gehörte wohl dem "Nosmo King". :) Genau, dem König der Nichtraucher :)

Die Selassie Kirche ist wunderschön mit Original Wandmalereien. Unter strenger Beobachtung von einer älteren Frau und einem Kind erklärt uns Fanta die Bibelgeschichte anhand der auf Baumwolle gemalten Bildern an der Wand. Gerade so vor dem Beginn der Messe werden wir fertig. Fürs morgige Osterfest ist die ganze Stadt schon in Feierlaune.

Noch schnell ein Abstecher zum Pool bevor es dunkel wird. Hier baden jedes Jahr am 19. Januar - der einzige Tag, an dem der Pool mit Wasser voll ist - mehrere Tausend Menschen. Der Pool wurde ursprünglich auch für einen König gebaut, damit er schwimmen lernen konnte. Jetzt muss es ein Wahnsinnsspektakel sein, wenn einmal im Jahr hier geplanscht wird.

Wir laufen hoch zum Goha Hotel. Von hier haben wir einen tollen Ausblick auf die Stadt und laden dann Fanta zu Pizza ein. Dass die Italiener das Essen dagelassen haben, ist wirklich super. Jeden Tag diesen Sauerteigfladen könnte ich nicht essen.
Fanta kriegt einen Anruf und fragt uns hinterher ob wir uns an den Schwarzen von heute nachmittag erinnern. Naja, wenn man bedenkt, dass hier eher die Weissen die Ausnahme sind... Welchen der ca. 1000 schwarzen Männer, die wir heute gesehen haben, meinst du denn? :)
Als Meli uns abholt, hat er schon die Ausgehklamotten an, schwarze Jacke, Timberland Schuhe und eine Rappermütze. Immerhn ist Samstag Abend.

In unserem Hotelzimmer ist es superheiss. Julia will auf jedem Fall unter ihrem Moskitonetz schlafen, aber es gibt keine Option es so am Bett zu befestigen, dass es hält. Also basteln wir es so in die Badezimmertür, dass wir dort das Fenster offen lassen können und evtl reinkommende Mücken nicht bis zu uns kommen. Gut gedacht, nur leider kommt auch die ganze Nacht nicht besonders viel Luft rein und wir schwitzen wie die Wilden.

29. April Die Wasserfälle, die keine mehr sind

Mann, sind die Äthiopier pünktlich. Wir schaffen es wirklich nie, vor ihnen vor dem Hotel zu sein.
Heute kriegen wir eine äthiopische Massage. D.h. wir fahren eine gute Stunde auf einer nicht asphaltierten Strasse bis zum Nationalpark, in dem der Wasserfall ist. Vorbei am Viehmarkt, auf dem hauptsächlichnZiegen und Schafe auf ihr Schicksal warten, geht es in die rötliche Landschaft. Egal wie weit weg wir von einem Dorf sind, einer läuft immer am Strassenrand, bleibt stehen und winkt uns lächelnd zu.
Am Eingang zum Nationalpark werden wir zu Zootieren. Wir halten an, damit Mas die Eintrittsgebühr bezahlen kann. Und schon sind wir umlagert. Schals, Hüte, Armreifen,... Alles können wir direkt aus dem Auto heraus kaufen, nur leider haben wir daran kein Interesse. Doch! Ingrid - ja, wir haben uns doch noch vorgestellt - möchte einen Hut. Sie handelt das Mädchen auf 100 runter und kriegt den Hut. Bevor sie aber zahlen kann, macht Mas die Tür zu und will losfahren. Stop!!! Fast hätten wir das Mädel um sein sauer verhandeltes Geld gebracht.

Der Spaziergang zu den Wasserfällen ist schön. Wir sehen einige wunderschöne Vögel. Und wieder wünschte ich, das Bilder posten ginge. Das wird ganz schön viel Arbeit wenn ich nach Hause komme.
Man kann schon noch sehen, wie beeindruckend die Wasserfälle mal waren. Leider ist dank eines Damms nichts mehr davon übrig mit Ausnahme von 2 Rinnsalen. Schön ist es trotzdem und die Wanderung wert. Und wir haben gesehen wie man Injeera macht, den äthiopischen Fladen.

Was aber eigentlich fast noch interessanter ist, ist der Weg hin und zurück zu den Wasserfällen. Wir fahren an vielen kleinen Dörfern vorbei, sehen wie das Leben hier wirklich ist. Auf einer Trage wird eine kranke Person zur nächsten Klinik getragen - lokaler Rettungswagen - nennen sie das hier. Hier draussen leben die Menschen mit den Tieren in komplettem Einklang. Kühe, Schafe, Ziegen, Hühner und sogar manchmal ein paar Hunde und zwischendrin lachende Kinder, arbeitende Mamas und Papas, die auf's Feld gehen oder davon heimkommen.

Zurück in der Stadt... Nochmal vorbei am Viehmarkt. Hier werden immer noch genügend Tiere angeboten. Das ist ein Ganztagesmarkt und man muss nicht morgens früh aufstehen, um etwas zu kriegen.
Wir steigen alle drei am großen Markt aus, auf dem ich gestern schon war. Das Gedränge ist wieder groß und zu dritt ist es wirklich schwierig, sich beim Durchlaufen nicht zu verlieren. Heute sind wir viel schneller als ich gestern.
Julia und Ingrid wollen so schnell wie möglich wieder raus. Den "Gummi"-Gang wollen sie aber schon noch sehen und ich tue mein Bestes ihn so schnell wie möglich zu finden. Erfolg!!!
Und wn fotografiere ich aus Versehen? Betele, meinen Kumpel von gestern. Er springt gleich her, stellt sich vor und erzählt mir, dass ich eine fantastische Email von ihm in meinem Postfach habe. Zuhause werde ich lesen, dass er gerne mit nach Gondar fahren will und mir dort alles zeigen. Da wäre Fanta bestimmt traurig, wenn ich ihn schon am Anfang der Reise ersetze.
Ab morgen wird nämlich nicht mehr Mas unser Reiseführer sein sondern Fantahun, dem ich beim Kennenlernen schon erklärt habe, dass sein Name auf Deutsch Fantachicken heisst. :)